NZZ Bellevue // Terrazzo: Das Comeback einer Ausschussware // Andrea Bornhauser // April 2018

Jahrzehnte fristete das Material ein schnödes Dasein im Interior-Business. Nun verhelfen junge Designer der lange Zeit verpönten Terrazzo-Optik zu neuem Glanz.

Ein mosaikähnliches Muster, das an türkischen Nougat erinnert, macht sich derzeit auf Böden breit, zieht sich über Bartresen, Teppiche und verziert Wohnaccessoires – Terrazzo, ursprünglich bekannt als strapazierbarer, günstiger Bodenbelag und dann verschrien als schäbige Massenware, feiert sein Comeback in hippen Stuben, Bars und Shops. Es funktioniert nach dem Prinzip Flickenteppich: Verschiedene Restmaterialien werden zu einer neuen Einheit zusammengefügt. Beim Terrazzo wird traditionell Kalk oder Zement mit Stein- oder Glassplittern gespickt und im Anschluss poliert. Schon die alten Römer fanden darin eine günstige Variante zu Marmorböden. Während der Renaissance wurden in Venedig ganze Paläste mit dem Material verbaut, in der Gründerzeit und nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Terrazzo im grossen Stil mithilfe von fixfertigen Industrie-Bodenplatten in Mietwohnungen, Bank-Foyers und Hotellobbys verlegt. Das hatte nichts mehr mit dem einstigen Handwerk zu tun – und Terrazzo war seinen ursprünglich guten Ruf los.

Ann Isler

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